Die Stadt gibt eine Machbarkeitsstudie für einen Kulturgewerbehof in Auftrag. Das Parlament soll, wenn alles glattgeht, noch in diesem Jahr über dessen Realisierung entscheiden.
Giessen. Jazzinitiative, "Keller Theatre", Literarisches Zentrum, Georg-Büchner-Club, Giennale, Museumsgesellschaft, Bruchstraßenverein, Zentrum für Interkulturelle Bildung und Begegnung, Oberhessischer Künstlerbund und und und... Gießen hat als Universitätsstadt eine eindrucksvolle Kulturlandschaft, auch wenn der gerade wegen - Sie wissen schon - das Wasser bis zum Hals steht. Dennoch werden noch in diesem Jahr große Pläne für die Zeit nach dem Virus geschmiedet. Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz und Stadträtin Astrid Eibelshäuser kündigten nun eine Machbarkeitsstudie für einen Kulturgewerbehof in der Alten Feuerwache in der Steinstraße an. Sollte diese Studie die Eignung des Gebäudes erweisen, würde sich damit auch ein Kreis schließen, denn die lange Suche nach einem Kultur- und Kreativzentrum hatte in der Steinstraße einst mit der sogenannten "Kümmerei" begonnen.
In den vergangenen Jahren hatte es in der Universitätsstadt mit ihrer jungen Einwohnerschaft und einer vielfältigen Kunstszene schon einige Versuche gegeben, ein gemeinsames Domizil zum Austausch und Netzwerken zu finden; doch war denen kein langes Leben beschieden, weil es sich meist nur um Zwischennutzungen in später anderweitig genutzten Immobilien handelte.
Sportlicher Zeitrahmen
Das könnte sich mit der Alten Feuerwehrwache ändern. Spätestens in 18 Monaten zieht das Gros der Brandschützer in das neue Gefahrenabwehrzentrum um. Zurück bleibt dann nur die Freiwillige Feuerwehr Mitte, die sich das Haus mit Malern, Tänzern oder Schauspielern teilen könnte.
Ob die insgesamt 1500 Quadratmeter auf fünf Etagen dafür letztlich geeignet sind, soll eine auf eine Projektskizze der "Urbanautik" anknüpfende Machbarkeitsstudie des Kölner Büros "Studio if+" ergeben, deren Ablauf Prof. Isabelle Finkenberger kurz erläuterte. Der Zeitrahmen, den sich das Team gesetzt hat, ist nach ihren Worten "äußerst sportlich". Bereits am 23. November soll die Studie abgeschlossen sein und noch in diesem Jahr das Parlament, im Falle einer Eignung, über das Kultur- und Kreativzentrum, entscheiden. Geht alles nach Plan, könnte bereits 2022 mit den Umbauarbeiten begonnen werden.
Dieser Zeitdruck ist der nahenden Kommunalwahl im kommenden Jahr geschuldet, nach der die politischen Karten in der Stadt neu gemischt werden. Die amtierende Koalition hatte sich auf eine Dreiteilung der Alten Feuerwache verständigt. Neben dem Kreativzentrum und dem Domizil der Freiwilligen Feuerwehr soll auf dem Gelände ein Parkhaus entstehen. Das war der Wunsch der CDU.
Fünf Bausteine bilden die Machbarkeitsstudie, ergänzte der Leiter des städtischen Kulturamts, Dr. Stefan Neubacher. Zum einen soll in der Gießener Szene die künftige Nutzerstruktur ermittelt werden, zum anderen ein Raumnutzungsplan erstellt werden. Jan Buck ("raumstation3539", "Urbanautik") ist es dabei wichtig zu prüfen, ob die großen Fahrzeughallen als Spielstätte für mittelgroße Konzerte taugen, weil das Fehlen einer solchen Konzerthalle, etwa in der Größenordnung des Marburger "KFZ", eines der größten Defizite des Gießener Kulturlebens sei.
"Bloß keine Hängepartie"
Nach der Klärung der baulichen Voraussetzungen sollen in der Machbarkeitsstudie die notwendigen baulichen Veränderungen aufgelistet und dann die künftige Trägerschaft des Zentrums geklärt werden. Noch steht nämlich nicht fest, ob es selbstorganisiert, als Verein oder als Genossenschaft geleitet werden soll. Last but not least geht es in der Studie auch um die Wirtschaftlichkeit. Mittelfristig solle sich das Zentrum nämlich selbst tragen, betonte Grabe-Bolz.
Jakob Sturm, Beauftragter der Landesregierung für Räume für die Kultur- und Kreativwirtschaft in Hessen, sieht Gießen bei der Verwirklichung eines Kreativzentrums in einer vergleichsweise komfortablen Position, da die Stadt im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen noch eigene Flächen besitze. Angesichts des anhaltenden Immobilienbooms sei es derzeit auf dem freien Markt kaum möglich, ein geeignetes Gebäude zu finden.
Jan Buck verspricht sich von einer auch räumlichen Absicherung und Vernetzung der Gießener Kulturszene ein Abbremsen des kulturellen "Brain Drains". Zu oft würden Kreative nach dem Abschluss ihres Studiums Gießen verlassen, weil sie in anderen Städten bessere Arbeitsbedingungen fänden. Auch deswegen hofft er, stellvertretend für viele Gießener Kreative, dass das Kreativzentrum schnell Realität wird - und "bloß keine kommunalpolitische Hängepartie".
August 14, 2020 at 12:00PM
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Zieht Gießens Kultur in die alte Feuerwache? - Mittelhessen
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