Wenn eine Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist, muss der Arbeitgeber sie aus der Personalakte entfernen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die Abmahnung unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält und damit das berufliche Fortkommen des Betreffenden beeinträchtigt. Denn dies widerspricht der Beachtung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers, erklärt der Bund-Verlag mit Verweis auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 11. Februar 2020 (Az. 2 Sa 133/19).
Bestellsystem falsch bedient - deswegen drei Abmahnungen
In dem Fall ging es um eine Mitarbeiterin eines Unternehmens, das Autohäuser betreibt. Ihr Arbeitgeber warf ihr vor, in drei Fällen das Bestellsystem falsch bedient zu haben, wodurch ein finanzieller Schaden entstanden sei. Dafür erhielt die Frau drei Abmahnungen.
Das Gericht entschied aber, dass der Arbeitgeber die Abmahnungen aus der Personalakte entfernen muss. Es befand unter anderem, dass die Abmahnungen nicht klar zum Ausdruck brachten, dass das abgemahnte Verhalten im Wiederholungsfall zur Kündigung führen wird - und damit erfüllten die Abmahnungen nicht ihre vorgeschriebene Warnfunktion.
Beweislast für Fehlverhalten liegt beim Arbeitgeber
Daneben konnte der Arbeitgeber auch nicht darlegen, dass der Mitarbeiterin die Fehler tatsächlich unterlaufen waren. Und die Beweislast, das Fehlverhalten konkret nachzuweisen, wenn die Mitarbeiterin es bestreitet, liegt laut Gericht beim Arbeitgeber.
Zu Unrecht erteilte Abmahnungen sind zu entfernen
Zum Hintergrund: Arbeitnehmer können verlangen, dass eine zu Unrecht erteilte Abmahnung aus ihrer Personalakte entfernt wird. Entscheidend sind hier die Paragrafen 242 und 1004 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Der Anspruch besteht unter anderem dann, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist oder unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, so die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Der Arbeitgeber hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers in Bezug auf Ansehen, soziale Geltung und berufliches Fortkommen zu beachten.
Kein Recht zur Anfechtung des Ausbildungsverhältnisses wegen arglistiger Täuschung
Ein Auszubildender zur Fachkraft für Lagerlogistik muss bei der Einstellung nicht offenbaren, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen Raubes läuft.
Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, das Ausbildungsverhältnis wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Dies hat das Arbeitsgericht Bonn im Urteil vom 20. Mai 2020 (Az. 5 Ca 83/20) entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Seit August 2018 befand sich ein junger Mann in einem Berufsausbildungsverhältnis zur Fachkraft für Lagerlogistik. Im Rahmen seiner Tätigkeit hatte er Zugriff auf verschiedene hochwertige Vermögengüter der Arbeitgeberin.
Im Rahmen des Einstellungsverfahrens wurde auf einem Personalblatt nach »gerichtliche Verurteilungen/schwebende Verfahren« gefragt. Als Antwortmöglichkeiten waren »Nein« oder »Ja« ankreuzbar. Obwohl gegen den Auszubildenden ein Strafverfahren wegen Raubes lief, kreuzte er die Frage mit »Nein« an.
Nachdem er in dem Verfahren zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, informierte der Auszubildende seine Arbeitgeberin. Diese nahm das verschwiegene Strafverfahren zum Anlass, den Ausbildungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Der Auszubildende hielt dies für unzulässig und erhob Klage auf Feststellung, dass das Ausbildungsverhältnis nicht beendet sei.
Kein Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
Das Arbeitsgericht Bonn entschied zu Gunsten des Auszubildenden. Ein Recht zur Anfechtung des Ausbildungsvertrags wegen arglistiger Täuschung habe nicht bestanden. In der unzutreffenden Beantwortung der Frage zu »gerichtliche Verurteilungen/schwebende Verfahren« liege keine arglistige Täuschung, so das Arbeitsgericht Bonn.
Frage nach »gerichtliche Verurteilungen/schwebende Verfahren« zu weitgehend
Die gestellte Frage im Rahmen des Einstellungsverfahrens sei nach Auffassung des Arbeitsgerichts zu weitgehend und damit unzulässig. Denn nicht jede denkbare Straftat begründe Zweifel an der Eignung für die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik. Die wahrheitswidrige Beantwortung der im Einstellungsverfahren gestellten unzulässigen Frage stelle daher keine arglistige Täuschung dar. Das Gericht hielt es aber für zulässig, nach Strafverfahren wegen Vermögensdelikte zu fragen.
Keine Offenbarungspflicht des Auszubildenden
Der Auszubildende sei auch nicht verpflichtet gewesen, so das Arbeitsgericht, das Strafverfahren wegen Raubes zu offenbaren. Allein die Tatsache, dass der Auszubildende im Rahmen der Ausbildung Zugriff auf hochwertige Vermögensgegenstände der Arbeitgeberin hat, könne keine Zweifel an der Eignung für den Ausbildungsplatz begründen. Denn nahezu jeder Arbeitnehmer oder Auszubildende erhalte Zugriff auf hochwertige Vermögensgegenstände des Arbeitgebers. kostenlose-Urteile.de/nd
August 26, 2020 at 02:30AM
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Eignung
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