Gießen(kw). Nirgends Polizei-Blau zu sehen - also kann ich Gas geben: Diese Rechnung geht nicht mehr ohne Weiteres auf für die Fahrer aufgemotzter Autos. Wiederholt hat die heimische Polizei Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, auffällige Fahrzeuge zu melden. Was passiert nach so einer Mitteilung? Und muss der Anrufer fürchten, dass der Fahrer seinen Namen erfährt?
Auch Hinweise zur Fahrweise gefragt
Seit einem Jahr kümmert sich am Polizeipräsidium Mittelhessen eine eigene Arbeitsgruppe um die "Poser-, Tuning- und Raser-Szene". Sie will illegale technische Veränderungen oder gefährliche Wettrennen eindämmen. Zum einen geschieht das durch Kontrollen an "Hotspots" wie dem Gießener Anlagenring; zum anderen mithilfe der Bevölkerung.
Die Resonanz auf diese Aufrufe sei bisher "überschaubar", erläutert Polizeisprecher Jörg Reinemer. Gemeldet wurden besonders laute oder optisch auffällige Pkw sowie "Poser". Das sind Menschen, in aller Regel jüngere Männer, die "gerade in der Innenstadt mehrmalig eine Straße auf- und abfahren, ohne ein besonderes Fahrtziel zu verfolgen".
Willkommen seien alle diese Hinweise - und ebenso die auf mutmaßliche Tempoverstöße, auch wenn Augenzeugen die nicht beweisen können. Selbst ein "Kavalierstart" mit quietschenden Reifen sei grundsätzlich "ahndungswürdig". Wenn mehrere solche Meldungen zusammenkommen, ersuche die Polizei die Fahrerlaubnisbehörde, die Eignung des Betreffenden als Führerscheinbesitzer zu überprüfen.
Bei technischen Veränderungen überprüften die Experten, ob diese illegal sind. Erste Hinweise geben die bei der Zulassungsstelle hinterlegten Informationen über das Fahrzeug: Hier ist erfasst, wenn "Tuning" von einer Prüfstelle abgenommen ist. Wenn nicht, folge eine Überprüfung beim Fahrzeughalter vor Ort.
Außer dem amtlichen Kennzeichen seien weitere Informationen für die Ermittlungen hilfreich, erläutert Reinemer: Fahrzeugmarke und -typ, Farbe, möglichst auch eine Beschreibung des Fahrers.
Grundsätzlich könnten Melder sicher sein, dass der Autobesitzer die Quelle für die Beschwerde nicht erfährt, sagt der Sprecher. Allerdings: Wenn die Mitteilung ein wesentlicher Bestandteil eines Ermittlungsverfahrens wird, muss man möglicherweise damit rechnen, als Augenzeuge vor Gericht geladen zu werden. "Uns sind jedoch keine Sachverhalte bekannt, dass versucht wurde, Zeugen in diesem Zusammenhang einzuschüchtern." Falls es so weit käme, "würden wir geeignete Maßnahmen treffen".
Manches röhrende Fahrzeug erweist sich indes als rechtlich in Ordnung. So habe eine Funkstreife eines Abends in der Neuen Bäue einen Mc-Laren-Sportwagen angehalten und festgestellt, dass das Standgeräusch von 99 Dezibel - knapp unter dem Lärmniveau eines Presslufthammers - serienmäßig, also erlaubt war. Die Erkenntnis der Fachleute: Gerade nachts in engen Häuserschluchten wirkt mancher Sportauspuff extralaut.
"Fragwürdig" findet ein GAZ-Leser diesen Aufruf: Die Verfolgung solcher Verstöße solle Sache der Polizei bleiben. "Es soll niemand denunziert werden", betont Reinemer. "Es geht darum, dass sich Zeugen melden." Bei den bislang von Bürgern gemeldeten Fahrzeugen seien tatsächlich Teile eingebaut gewesen, die nicht eingetragen waren.
July 13, 2020 at 10:11PM
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Auto-"Poser" müssen Zeugen fürchten - Gießener Allgemeine
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